Was ist Mineralität im Wein?

in dh.WeinBlog

Der Mineralität auf der Spur

Wie kommt die Mineralität in den Wein? Kann man sie schmecken oder gar riechen? Und wenn ja, was macht Sie aus? Fragen über Fragen und das, obwohl der Begriff in der Weinscene mannigfache Verwendung findet. Nur so viel vorweg: Die Antworten sind ebenso überraschend wie faszinierend - ganz so wie der Wein selbst!

Der Boden ist die Speisekammer der Reben.

Der Weinberg ist die Kinderstube unserer Weine und die Parzelle auf der unsere Reben wachsen, ist ihr räumliches Umfeld. In Bezug auf Boden, Lage oder Mikroklima ist jede Parzelle einzigartig und für den Wein in großem Maße charakterbildend. Zweifellos kommt dem Boden dabei eine besonders herausragende Rolle zu. Die Art und Weise wie er beschaffen ist, seine organischen Verbindungen, die enthaltenen Mineralstoffe, seine Dichte, der ph-Wert, eine gute Nährstoffversorgung, Erwärmbarkeit oder Wasserspeichervermögen. All das hat einen großen Einfluß auf das Wachstum und die Traubenausbildung der Reben.

Der Terroir-Begriff ist weit gefasst.

Es ist jedoch ein Trugschluss anzunehmen, dass Mineralität aus gelösten Mineralstoffen des Bodens in den Wein kommt. Alle im Boden enthaltenen Mineralien wie Eisen, Kalium und Magnesium oder auch Kalzium, Zink, Phosphor, Mangan und weitere Spurenelemente werden zwar von der Rebe durch ihr Wurzelwerk aufgenommen, die Ausprägung von Mineralität im Wein hat aber nicht zwingend mit diesen Anteilen zu tun. Außerdem sind in modellierbaren Böden wie Lehm- oder Lössböden ebenfalls viele Mineralstoffe enthalten, unter Umständen sogar mehr als in steinigen Schiefer- oder Granitböden. Das verdeutlicht, dass der ‘Terroir’-Begriff weitaus mehr als nur die Beschaffenheit des Bodens zum Inhalt hat.

Mineralien lassen sich weder riechen, noch schmecken.

Wie in so vielen Fällen darf man die Weinsprache hier also nicht wortwörtlich nehmen. Denn Mineralien, lassen sich grundsätzlich weder riechen, noch schmecken.

Die Handschrift des Winzers ist entscheidend.

Das Gefühl von Mineralität auf der Zunge lässt sich demnach nicht messen. Prof. Ulrich Fischer vom Weincampus Neustadt, einer der führenden Sensorikwissenschaftler Deutschlands, hat herausgefunden, dass es andere Merkmale gibt, mit denen Mineralität im Wein in wechselseitiger Beziehung steht, nämlich Säure, Zitrusaromen und schwefelhaltige Stoffe. Er konnte nachweisen, dass wenn im Wein die üblichen Aromastoffe eher dezent ausgeprägt sind, die Mineralität besser hervortritt. Nach seinen Forschungen wird die Wahrnehmung von Mineralität durch den Mangel an deutlichen Rebsortenaromen, an Holz oder Fehlaromen gefördert. Frische, zitronige und grüne Aromen und eine ausgeprägte Säure mit ihrer leicht adstringenten Wahrnehmung auf der Zunge unterstützen dagegen den Eindruck von Mineralität. Sie wird demnach nicht, wie man annehmen könnte, durch die Präsenz bestimmter flüchtiger oder nicht flüchtiger Bestandteile im Wein ausgelöst. Schlussfolgert man diese Ergebnisse, entsteht die Erkenntnis, dass der Schlüssel zur Mineralität in der Weinhestellung liegt und insbesondere mit der Handschrift des Winzers/ der Winzerin zu tun hat und der Art und Weise wie er/ sie Weine vinifiziert.

Mineralität ist Spannung und Vibration.

Obwohl die Beschreibungen von Mineralität variieren, erkennen und schätzen sie viele Weingenießer. Für mich zum Beispiel ist Mineralität knisternde Frische, brillierende Eleganz oder auch Vibration, die eine Art dritte Dimension im Wein erlebbar macht. Kurzum, der Begriff ‘Mineralität’ ist eine Analogie, eine Entsprechnung, die versucht besondere Faktoren im Wein, die ihm Klasse und Persönlichkeit verleihen, zu benennen. Dass viele dieser Faktoren vielleicht sogar mehr mit der Machart des Weines und der Handschrift des Winzers zu tun haben, wie mit dem Boden, auf dem sie gewachsen sind, ist vielleicht überraschend, nicht aber relevant. Entscheidend ist, dass Mineralität erkennbar und erlebbar ist.



>> Der 2021er Jahrgang hat schon witterungsbedingt das Potential für mehr Mineralität.


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